Sonntag, 29. November 2009

Thank you for travelling with Deutsche Bahn

Als ich gestern im Zug saß und gerade angefangen hatte zu lesen, stand plötzlich eine Bahnangestellte vor mir und fragte mich ob ich Zeit für eine Umfrage hätte. Ich wollte erst so etwas sagen wie: "Nein natürlich nicht, es ist ja nicht so dass ich einen dicken Wälzer vor mir habe, die Füße hochgelegt und offensichtlich noch etwas länger auf diesem Klappsitz sitze..." - Da sie das wohl nur aus Höflichkeit gefragt hat und ich mich noch nicht eingelesen hatte, hab ich mir den Spruch verkniffen und die Dame fing an mich zu befragen.
Ich sollte die Dienstleistungen der DB auf einer Skala von eins bis zehn bewerten und allzu gut kam die Deutsche Bahn dabei nicht weg.
Sie stellte mir auch Fragen über diverse Bahnhöfe und den Grund für meine Fahrten. Das ganze dauerte knapp zehn Minuten, doch bestimmte Gedanken, die diese Befragung in mir ausgelöst hatte, ließen mich den Rest der Fahrt nicht mehr los.

Ich fahre oft Zug. Immer die selbe Strecke, seit Jahren. Und immer ein Stückchen weiter. Bis zu einem gewissen Punkt kenne ich die Haltestellen auswendig. Und an vielen der angefahrenen Bahnhöfe, stand ich schon sehr oft, aus den unterschiedlichsten Gründen.
An deM einen Hauptbahnhof habe ich meistens zwanzig Minuten Aufenthalt. Dann sitze ich am Fenster und denke daran, wie oft ich schon auf der einen oder anderen Bank saß, mit den Klamotten vom Vorabend, Restschminke im Gesicht und darauf wartend, dass der erste Zug nach Hause fährt.
Unzählige Male saß ich in der dazugehörigen Stadt mittags in einem Restaurant oder einem Café, von Plastiktüten umgeben, mit einem Latte vor mir auf dem Tisch. Oder tanzte stundenlang in irgendwelchen Clubs, die ich heute wohl nur noch mit einem gewissen Pegel betreten würde. Die Freunde und Bekannten mit denen ich damals hier immer unterwegs war, waren ganz andere als die, an die ich denken muss wenn ich am nächsten Bahnhof halte.
Der Name verspricht eigentlich Erholung, trägt die Stadt doch ein "Bad-" im Namen. Erholen konnte ich mich dort wohl von meinem- wie soll ich sagen?! -"Teenieleben", denn was ich dort ein knappes Jahr erlebt habe, hat nichts mit Urlaub zu tun. Und trotzdem möchte ich keine einzige Erfahrung missen.
Als ich vor gut zwei Jahren das erste Mal an diesem Bahnhof stand, wusste ich nicht wo ich lang laufen sollte und war gut eine halbe Stunde unterwegs. In den darauf folgenden Monaten erwies sich der direkte Weg durch den riesigen Kurpark jedoch als der schnellste. Ich war jedes Mal froh hier wegzukommen, aber komischer Weise genauso glücklich wieder hier zu sein. Ich erinnere mich gerne an den Weg zu meinem damaligen Wohnheim. Der Kurpark hat mich vorallem im Winter beeindruckt, wenn der Frost an den Bäumen hing und wirklich alles weiß war und in der Sonne glitzerte. Nebelschwaden stiegen dann von dem kleinen Bach auf, über den alle fünfzig Meter eine verschnörkelte Holzbrücke führt. Ich hab mich gefühlt wie im Märchen, auch wenn ich den Trampelpfad quer über den Rasen nicht mehr finden konnte.

Nach einer halben Stunde Fahrt und einmal Umsteigen, stehe ich dann an dem Bahnhof, der zu der Stadt gehört, in der ich zur Schule gegangen bin. Hier bin ich drei Jahre lang jeden Morgen ausgestiegen, um mehr oder weniger ein paar Stunden später, wieder nach Hause zu fahren.
Als ich noch jünger war war es für mich und meine Freunde das Highlight der Woche, mit dem Zug in diese Stadt zu fahren und unser Taschengeld auf den Kopf zu hauen. Ich kenne diese Stadt mindestens genauso gut wie meinem Heimatort und habe hier wohl mindestsens genauso viel erlebt.
Von hier aus kenne ich jeden Bahnhof und in jedem Städtchen kenne ich Menschen, mit denen mich mal mehr, mal weniger verbindet und eigentlich könnte ich den "dicken Wälzer" genauso gut zu Hause lassen, weil ich sowieso nur meinen Gedanken nachhänge, und in meinem Kopf diverse "Filme" ablaufen.
Ich sehe wohl manchmal für andere Fahrgäste dämlich aus, wenn ich am Fenster sitze und grinse oder apathisch hinaus starre, aber nichtsdestotrotz wird mir auf der Fahrt in meinen Heimatort nie wirklich langweilig.
In den Letzten Jahren kamen immer mehr Bahnhöfe, auf der selben Strecke hinzu und ich bin immer ein Stückchen weiter gefahren. Ich bin gespannt wieviele Haltestellen es noch werden...




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